Vernehmlassung: Teilrevision Umweltschutzgesetz – Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken
Die Mitgliederunternehmen der IG Detailhandel (Coop, Denner, Migros) verfolgen bereits heute ambitionierte Ziele bzgl. der Kreislaufschliessung und Ressourceneffizienz. So arbeiten sie beispielsweise laufend daran, Verpackungen zu reduzieren, ökologisch zu optimieren und kreislauffähig zu machen. Auch bieten die Mitglieder der IG Detailhandel vermehrt Mehrweglösungen sowie Miet- und Reparaturservices an. Die Mitgliederunternehmen der IG Detailhandel (Coop, Denner, Migros) verfolgen bereits heute ambitionierte Ziele bzgl. der Kreislaufschliessung und Ressourceneffizienz. So arbeiten sie beispielsweise laufend daran, Verpackungen zu reduzieren, ökologisch zu optimieren und kreislauffähig zu machen. Auch bieten die Mitglieder der IG Detailhandel vermehrt Mehrweglösungen sowie Miet- und Reparaturservices an.
Die Mitglieder der IG Detailhandel sind überzeugt, dass auch im Bereich Kreislaufwirtschaft das Prinzip der Subsidiarität konsequent anzuwenden ist. In erster Linie ist es an den betroffenen Akteuren und Branchen, Massnahmen zu ergreifen und Kreisläufe zu schliessen. Da es sich um komplexe Problemstellungen handelt, müssen Lösungen von den privatwirtschaftlichen Akteuren entwickelt und vorangetrieben werden, die über das entsprechende Know-how verfügen. Dies geschieht heute etwa im Rahmen der Drehscheibe Kreislaufwirtschaft von Swiss Recycling, in der sich die Mitgliedsunternehmen der IG Detailhandel engagieren, um in naher Zukunft entscheidenden Fortschritt in der Kreislaufschliessung zu erzielen. Wo nötig und sinnvoll können Branchenvereinbarungen abgeschlossen werden. Gesetzliche Vorschriften sollten erst in letzter Instanz zum Tragen kommen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind so anzupassen, dass freiwilliges Engagement gestärkt oder zumindest nicht behindert wird. Ebenfalls wichtig ist aus Sicht der IG Detailhandel, dass bei gesetzlichen Regulierungen der Kreislaufwirtschaft die Wirkungseffizienz der Massnahmen stets berücksichtig und die Kompatibilität mit EU- Regulierungen beachtet wird. Auch dürfen allfällige potenzielle lokale Geschäftsmodelle zur Optimierung der Schweizer Kreislaufwirtschaft nicht durch erschwerte Rahmenbedingungen verhindert werden (bspw. Verbot von Abfall-Importen bzw. Rezyklat-Exporten bei geringen Volumen eines bestimmten Materials). Vielmehr sollen im Sinne einer maximalen Kreislaufwirtschaft Handelsbarrieren abgebaut werden, wo eine rein lokale Kreislaufwirtschaft nicht effizient ist.
Mit der Teilrevision des USG im Rahmen der Pa. Iv. 20.433 wird die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz weiter verankert. Die durch die Kommission erfolgte Bündelung der zahlreichen politischen Vorstösse im Bereich der Kreislaufwirtschaft in einer gesamtheitlichen Vorlage erachtet die IG Detailhandel als sehr zielführend. Aus Sicht IG Detailhandel sind die oben genannten Punkte in der vorgeschlagene Gesetzesrevision grösstenteils berücksichtigt. Sie ist insgesamt gesehen ein sehr gelungener, wichtiger sowie nützlicher Schritt hin zu mehr Kreislaufwirtschaft und wird aus Sicht der IG Detailhandel in den wesentlichen Punkten getragen.
Erweiterung Gebührenpflicht auf Onlinehandel und Importeure
Die Politik kann den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft und die bereits bestehenden Initiativen der Privatwirtschaft mit den richtigen Rahmenbedingungen unterstützen. Die geplante T eilrevision des USG enthält diesbezüglich einige erfreuliche Elemente. So wird neu die Gebührenpflicht von Importeuren und Online- Versandhandelsunternehmen explizit geregelt (Art. 32abis). Gleichzeitig werden private Branchenlösungen gestärkt (Art. 32ater) und damit wird einem lang bestehenden Wettbewerbsnachteil der inländischen Inverkehrbringer sowie dem "Trittbrettfahrertum" nun aktiv begegnet. Bei den im Gesetz aufgeführten Bedingungen, unter denen neu ein vorgezogener Recyclingbeitrag an eine anerkannte private Branchenorganisation entrichtet werden muss, sind aus Sicht der IG Detailhandel allerdings Anpassungen nötig. So ist die Schwelle von 80%-Marktanteil aus unserer Sicht zu hoch angesetzt und es sollte vielmehr eine Marktanteilsschwelle in der Höhe von 65% angestrebt werden. Weiter erachten wir es als zusätzliche wichtige Voraussetzung, dass sich mindestens 50% der relevanten Marktteilnehmer oder mindestens die fünf grössten Markteilnehmer im entsprechenden inländischen Markt der Branchenvereinbarung angeschlossen haben. Die beiden Voraussetzungen in Kombination stellen sicher, dass ein grosser Marktteilnehmer eine tragfähige, nachhaltige Branchenvereinbarung weder torpedieren noch den anderen aufzwängen kann.
Separate Wertstoffsammlungen durch private Anbieter / Liberalisierung Siedlungsabfall
Positiv ist auch die integrierte Liberalisierung des Siedlungsabfallmonopols (Art. 31b), da diese ganz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips ist. Mit dieser gesetzlichen Anpassung wird die Möglichkeit geschaffen, dass der Handel oder Private freiwillig Sammlungen betreiben können, um die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz weiter voranzutreiben. Unseres Erachtens sollte der Bundesrat jedoch nur dann die Anforderungen an die freiwillige Sammlung und die stoffliche Verwertung erlassen, sofern diese nicht durch die involvierten Branchenorganisationen und relevanten Marktteilnehmer fachgerecht und nach gängiger Praxis festgelegt werden. Denn werden die Anforderungen des Bundes von Anfang an zu hoch angesetzt, wie zum Beispiel ein zu hoher Wert einer stofflichen Verwertungsquote, verhindert dies möglicherweise, dass überhaupt mit solchen Sammlungen begonnen werden kann. In der Konsequenz sehen wir so die Gefahr, dass Innovationen schliesslich massgeblich behindert werden könnten. Hier sollte das Gesetz genügend Freiraum lassen, dass sich solche Innnovationen über die Zeit entwickeln können.
Weiter wäre aus Sicht der IG Detailhandel auch wünschenswert, wenn zukünftig die Flexibilisierung des Abfallmonopols auch in anderen Bereichen, namentlich bei Textilien, sorgfältig geprüft würde. Gerade im Textilbereich gibt es grosses Potenzial zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung (Wiederverwendung, Wiederaufbereitung oder Faserrecycling). Dies bedingt jedoch, dass die Unternehmen Textilien auch offiziell selbst sammeln dürfen.
Unverkaufte Lebensmittel: Separatsammlung und Entpackungspflicht
Aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar ist hingegen der neu eingefügte Art. 30b Abs. 2 Bst. c, der eine vollständige Entpackung von nicht verkauften Lebensmitteln fordert. Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen hat für die Mitglieder der IG Detailhandel eine sehr hohe Priorität. Mittels flexibler Bestellsysteme und Preisabschlägen kurz vor Ablaufdatum wird sichergestellt, diese wo immer möglich zu vermeiden. Qualitativ einwandfreie Lebensmittel werden an Partnerorganisationen wie "Tischlein deck dich" und "Schweizer Tafel" abgegeben. Durch dieses umfassende Engagement kommen deutlich weniger als zwei Prozent aller durch die Mitgliedsunternehmen angebotenen Lebensmittel nicht der menschlichen Ernährung zugute. Nur die nicht mehr zum Verzehr geeigneten Produkte werden somit in Biogasanlagen verwertet oder als Tierfutter eingesetzt.
Die IG Detailhandel teilt das Ziel, den Kunststoffeintrag in Kompost und Gärgut zu minimieren bzw. eliminieren. Die Politik sollte es der Branche aber offen lassen, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Insbesondere wenn es bereits heute zielführende Alternativen zur geforderten Entpackungspflicht gibt, was auch das BAFU im Faktenblatt "Kunststoffeintrag in Kompost und Gärgut" anerkennt. Die Mitglieder der IG Detailhandel arbeiten im Bereich der Verwertung sehr eng mit den Betreibern von Biogasanlagen zusammen und stellen dadurch sicher, dass dort die neuesten Technologien bei der Aussortierung zum Einsatz kommen. Die regelmässigen Laboranalysen zeigen, dass unsere Partner die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten. Statt mittels der angestrebten Regulierung die Methode vorzuschreiben, muss die Politik sicherstellen, dass das Endprodukt (= die Trockensubstanz) gesetzeskonform ist. Dieses Ziel könnte beispielsweise mit einer jährlich zu erneuernden Zertifizierung der Vergärungs- und Kompostieranlagen erreicht werden. Nur diejenigen Vergärungsanlagen, die bei einer Überprüfung nachweisen können, dass das Endprodukt gesetzeskonform ist, dürften zukünftig verpackte Lebensmittel annehmen. Eine weitere (oder parallele) Massnahme ist es, die entsprechenden gesetzlichen Grenzwerte (in der ChemRRV) zu verschärfen.
Die vorgeschlagene Zertifizierung würde auch sicherstellen, dass die Vorleistungen und Investitionen der Unternehmen anerkannt werden, die in den letzten Jahren in diesem Bereich entsprechend investiert haben - statt diese für Versäumnisse anderer abzustrafen, die noch nicht sauber arbeiten. Zudem unterstützen wir die Ausnahmeregelung für kompostierbare Verpackungen nicht. Diese Massnahme kann vielmehr zu einer Verschärfung des Problems führen. Zitat BAFU: "In diesem Kontext sind Verpackungen und Säcke aus «biologisch abbaubarem Kunststoff» keine Lösung, sondern ein Teil des Problems. Sie bauen sich einerseits aufgrund von Materialeigenschaften und ungünstigen Umgebungsbedingungen meist nicht oder nur unvollständig ab. Andererseits führt die vermehrte Verbreitung von sogenannten «biologisch abbaubaren» Säcken zu Verwechslungen mit nicht abbaubaren Säcken und dadurch zu einem erhöhten Kunststoffeintrag." (Quelle: 2021. Bundesamt für Umwelt BAFU. Kunststoffeintrag in Kompost und Gärgut. Faktenblatt zuhanden der Subkommission)
Ausserdem würden für weniger als 2 Prozent der gesamten im Detailhandel angebotenen Lebensmittel, die über die Vergärung verwertet werden, kompostierbare Verpackungen für alle Lebensmittel vorgeschrieben, welche gemäss zahlreichen Studien zurzeit ökologisch schlechter abschneiden als konventionelle Kunststoffverpackungen.
Als weitere Umsetzungsmassnahme schlägt das BAFU im genannten Faktenblatt vor, dass die direkte Beschriftung von Lebensmittel, die später potenziell zu biogenen Abfällen werden können, keine Kunststoffe enthalten dürfen. Gemeint ist damit hauptsächlich die Beschriftung von Früchten und Gemüsen mittels Sticker. Solche haben häufig eine wichtige Deklarationsaufgabe (bspw. Kennzeichnung Bio-Produkte) und müssen deshalb eine starke Haftung aufweisen. Der Einsatz von Alternativen wird bereits seit Jahren geprüft, funktioniert aber noch nicht bei allen Anwendungen. Es bedarf weiterhin einer vertieften Analyse und Investition in die Forschung und Entwicklung entsprechender Sticker, welche aktuell durch die Entwicklungen in der Europäischen Union international befeuert wird. Dazu kommt, dass die technischen Einrichtungen für das Anbringen dieser Sticker Investitionen erforderlich machen. Die IG Detailhandel fordert deshalb eine angemessene Übergangsfrist von mindestens drei Jahren für eine allfällige Umstellung sowie Ausnahmeregelungen für Anwendungen, bei denen die Technik auch zukünftig noch nicht genügend ausgereift ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass einzelne Produkte aufgrund der Vorschriften zumindest vorübergehend wieder vermehrt in Plastikverpackungen angeboten werden müssen, bis eine praxistaugliche Lösung gefunden und umgesetzt ist. Schlussendlich gilt es noch anzumerken, dass eine Entpackungspflicht auch Anreize schafft, die nicht im Sinne der Vorlage, bzw. der Erweiterung der Kreislaufwirtschaft sind: Anstatt die unverkauften Lebensmittel teuer zu entpacken und der Vergärung zuzufügen, könnten gewisse Akteure dazu übergehen, diese thermisch zu verwerten (verbrennen), da eine stoffliche Verwertung aufgrund der Entpackungspflicht nicht mehr wirtschaftlich tragbar ist (vgl. von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagener Art. 30d Abs. 1).
Kennzeichnung / Ressourcenschonende Gestaltung von Produkten / Verpackungen
Neu soll der Bund gemäss Vernehmlassungsvorlage die Kompetenz erhalten, Anforderungen an die Lebensdauer, Reparierbarkeit und Kennzeichnung von Produkten und Verpackungen bei deren Inverkehrbringen zu stellen (Art. 35i). Diese Kompetenz soll einzig dazu genutzt werden, um die Harmonisierung mit EU-Recht in diesem Bereich sicherzustellen. Weitergehende, Schweiz spezifische Regelungen sind hingegen nicht sinnvoll, da die meisten der betroffenen Produkte importiert und somit speziell für die Schweiz hergestellt und/oder gekennzeichnet werden müssten.
Littering
Der Detailhandel hat sich in den letzten Jahren gemeinsam mit weiteren Partnern stark gegen Littering eingesetzt (Unterstützung von Sensibilisierungskampagnen, Ausbau Angebot von Mehrweglösungen etc.). Trotz der wahrscheinlich schwierigen praktischen Durchsetzbarkeit können Bussen zu einer Eindämmung von Littering führen, indem sie eine abschreckende Wirkung haben. Das Schaffen dieser gesetzlichen Grundlage wird daher begrüsst (Art. 31b Abs. 4 i. V. mit Art. 61 Abs. 4).
Schlussendlich gilt es anzumerken, dass der Bundesrat durch zahlreiche Kann- Formulierungen mit der Teilrevision erhebliche zusätzliche Kompetenzen erhält. Diese gilt es jeweils mit Bedacht und nur dann zu nutzen, wenn eine Regulierung ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich tragbar ist und nicht über die Anforderungen von EU-Recht hinausgeht.